Fuchs und Hase, Kunst und Mensch

Dorfhain liegt am linken Talhang der Wilden Weißeritz, etwa 20 Km von Dresden entfernt. In einem der kleinsten Dörfer der Region gelingt es Olaf Stoy, den Menschen Kunst nahe zu bringen. Wir haben ihn gefragt, was es dazu braucht.

KBD:  Olaf, schon verrückt, nach Bannewitz und Freital hat es dich jetzt noch tiefer in die Provinz gezogen …

Olaf Stoy: … ins kleinste Dorf der Region! Ja, das ist schon verrückt, aber für mich auch zurück zu den Wurzeln. Ich bin in der Gegend aufgewachsen. Außerdem hat die Georado-Stiftung hier in einer ehemaligen Elektro-Fabrik neben anderem auch eine Kunstinitiative integriert. Der gehöre ich jetzt seit 2019 an und organisiere mit befreundeten Künstlerinnen und Künstlern Ausstellungen, Workshops, Lesungen und Konzerte. Ich habe hier mein Atelier und jede Menge Platz, um ungestört Projekte umzusetzen und mich auszutoben. Wenn du aus dem Fenster guckst, siehst du Stahl-Skulpturen, die mal im Berliner Tacheles standen und auf der anderen Seite, wo ich meinen Ausstellungsraum habe, schaust du in den Tharandter Wald. Hier haben sich schon die Romantiker wund gestoßen, hier gibt es Wald, Natur und jetzt mit uns auch Kunst.

Das ist übrigens eine Mischung, die wir auch gut nutzen können: Gerade im Sommer, wenn die Wandersleute unterwegs sind, laden wir zum Kultursonntag. Da kommt dann der Bertel aus Höckendorf und zeichnet, in der Galerie ArtToGo, die ich eingerichtet habe, ist Kunst von den Professionellen zu sehen und unten im Bistro gibt es auch was zu essen.

KBD: Das heißt neben denen, die beruflich von der Kunst leben, lädst du auch interessierte Laien ein?

OS: Ja, das A und O ist wirklich sensibel auf die Gegebenheiten vor Ort zu reagieren. Natürlich wäre es schon schön, etablierte Kunst zu zeigen. Aber mein Hauptbestreben ist, junge Künstler zu fördern, die noch am Start sind, und wo ich sehe, da ist ein super Potential da. Qualität statt bunter Knallbonbons. Mir geht es um handwerklich fundierte Kunst, die nachhaltig ist. Die nachwirkt.

KBD: Hat das mit damit zu tun, dass du es im ländlichen Raum mit einem anderen Publikum zu tun hast?

OS: Ich habe eine gewisse Einstellung zur Kunst. Mir persönlich hat die Kunstausübung und die Beschäftigung damit das ganze Leben über geholfen. Ich bin in keine Depressionen verfallen, habe immer Hoffnung gehabt und das will ich denen, die hierherkommen vermitteln: Kunst ist Hoffnung. Kunst ist der Kitt zwischen den Menschen. Letztes Jahr hat Chris Löhmann bspw. eine große Zeichnung ausgestellt, mit erotischen Anspielungen, mit Reflexionen auf die Nazi-Zeit. Da standen auch Menschen davor, die vollkommen unterschiedliche Ansichten hatten, aber dann über das gemeinsame Interpretieren plötzlich zu einem Konsens kamen.

KBD: Chris Löhmann, Lucas Oertel, das sind die Namen, die im letzten Jahr geladen waren auszustellen.

OS: Genau wie Catrin Große, Peggy Berger und Helena Zubler, die auch in jüngerer Zeit zu Gast waren. Das war übrigens spannend, weil sie drei unterschiedlichen Generationen angehören und dann beim Kulturfeierabend immer auf meine 13 „bösen“ Fragen reagieren, die ich einmal zusammengestellt habe, um auch alle BesucherInnen mitzunehmen.

KBD: Du interviewst also dann live? Wonach fragst du?

OS: Glaubst du an Talent, frage ich zum Beispiel und erhalte vollkommen unterschiedliche Antworten. Eine Erkenntnis aus diesen Gesprächen war, dass zum Talent immer auch Ehrgeiz gehört, sonst kommt man nicht weiter. Das ist spannend.

KBD: So ein bisschen spannend ist es auch, hier raus zu kommen nach Dorfhain.

OS: Ja, leider ist der öffentliche Nahverkehr nicht sehr gut ausgebaut und es fehlen auch noch vier Kilometer Wanderstrecke, um  vom Bahnhof Edle Krone leichter hierher zu kommen. Wir sind natürlich auch immer im Gespräch mit den Lokalpolitikern. Zum Glück bewegt sich aber ständig etwas weiter. Und manchmal auch zurück. Wie jetzt gerade.

KBD: Was ist passiert?

OS: Die Georado-Stiftung befindet sich gerade in einer Umstrukturierung. Wie es aussieht wird dabei wichtige Unterstützung für mich wegfallen wie eine freie Kuratorin, die mir projektbezogen zur Seite stand. Außerdem müssen Förderanträge gestellt und Abrechnungen gemacht werden. Momentan ist unklar, ob die Projektassistentin, die uns bisher dabei geholfen hat, weiterhin verfügbar sein wird. Ich brauche aber Planungssicherheit. Immerhin müssen wir mit besonderen Angeboten aufwarten.

Zur Wanderzeit in den warmen Monaten ist das kein Problem, aber im Winter die Leutchen hinter dem Ofen vor zu locken, ist doch ziemlich schwierig. Bisher habe ich das immer als Aufgabe, denn als Hindernis gesehen, aber die Kräfte sind endlich…

KBD: Was bedeutet das konkret für dieses Jahr?

OS: Für 2023 hatten wir ein Konzept für eine Ausstellung zur Förderung der aktuellen Zeichenkunst mit dem Arbeitstitel „Handzeichen D“ entwickelt. Geplant war Preisgelder und Ausstellungshonorare auszuloben und einen Katalog zu machen. Leider wurde die Förderung abgelehnt.

So ganz wollten wir von der Idee nicht ablassen, aber unter den derzeitigen Umständen sehe ich kaum eine Chance das Projekt umzusetzen. Inzwischen musste ich also unseren Ausstellungsplan anpassen. Wir backen etwas kleinere Brötchen. Aber es geht weiter!

KBD: Du lässt dich also so schnell nicht unterkriegen.

OS: Nein, ich bin ein „optimistischer Pessimist“ (lacht). Irgendwie wird es auch diesmal wieder weitergehen. Auch wenn es manchmal schon hart an die Belastungsgrenze geht.

KBD: Und der Lohn für all die harte Arbeit?

OS: Die beste Belohnung ist dann immer wieder eine gelungene Vernissage, ein Verkauf oder einfach eine schöne Abendveranstaltung. Beim letzten „Last-Minute-Weihnachtsmarkt“ ist das z.B. fabelhaft gelungen.

 Interview: Christine Gruler

Foto: Steffen Peters

Übrigens:

Clivia Bahrke, eine Dresdner Künstlerin, führt seit seit zwei Jahren auch Gespräche mit Künstlerinnen in ihren Ateliers.

Am 25.3., 18 Uhr, unterhält sie sich mit Olaf Stoy in seinem Atelier in Dorhain

https://www.ateliergespraeche.info/

Viele der bereits Interviewten sind Mitglieder im KBD. 

Willkommen! Neue Besen – Alte Hasen

Heute ist es soweit🧚‍♂️🧚‍♂️🧚‍♂️: Die fünfte Auflage unseres Willkommensformats bringt sechs Künstler:innen im Tandem (Neumitglied mit Bestandsmitglied) zusammen, deren Arbeiten Raum- und Zeitbezug genauso wie ein Verständnis von gemeinschaftlichem Arbeiten im Kollektiv eint. 

Mit zwei experimentellen Dokumentarfilmen gibt Lisa Maria Baier ihren Einstand im Künstlerbund. Ihrer Tandem-Partnerin Marion Kahnemann gleich, geht sie dabei weit über pure Ästhetik hinaus und verknüpft Themen wie das Judentum und die Verarbeitung des Holocaust mit der Gegenwart von Fremdenhass und dem Krieg in der Ukraine.

Katrin Kamrau, die nicht nur neu im KBD ist, sondern auch erst seit Kurzem in Dresden lebt, erkennt in Ina Weise eine Gleichgesinnte. Neben der Auseinandersetzung mit Räumen verbindet die beiden auch das Feld des Publizierens als künstlerische Praxis. Beide zeigen eine Auswahl von Publikationen ihrer künstlerischen Arbeit.

Suntje Sagerer spezialisiert sich in ihrem künstlerischen Schaffen auf die Präsentation im Kleinformat. Sie ist die Gründerin der Minimal Art Gallery (MAG), die sie seit 2014 stetig weiterentwickelt. Mit Heidi Morgenstern stellt sich sich eine Partnerin an die Seite, mit der sie neben der gemeinsamen Studienzeit, auch dringende Fragen nach Beschränkungen in Raum und Zeit verbinden.

Im Tandem  präsentieren sich vom 26.01. – 23.02.23 :

Lisa Maria Baier & Marion Kahnemann
Katrin Kamrau & Ina Weise
Suntje Sagerer & Heidi Morgenstern

Seid herzlich eingeladen!

Zur Eröffnung, am 26.01.23, 18 Uhr,  begrüßen

Christian Rätsch & Moritz Jason Wippermann.

Titelbild: Still aus dem Video von Lisa Maria Baier, „Person sees Tarkovsky’s Stalker“, 2022

Mehr zu lesen über ein Gemeinschaftsprojekt von Suntje Sagerer und Lisa Maria Baier, gibt es hier.

Info: WBKS

  • existiert seit 2019
  •  ist ein Angebot der SLUB Dresden und des Landesverband Bildende Kunst Sachsen e.V.
  • versteht sich als Schaufenster sächsischer Kunst
  • und digitales Archiv von Werkverzeichnissen mit Bild und Text
  • sowie als Quelle für die kunstwissenschaftliche Forschung und für kuratorische oder thematische Recherchen.
  • Jede:r entscheidet selbst, ob die eigenen Angaben veröffentlicht werden oder nur internen Dokumentationszwecken dienen.
  • Susanne Magister berät monatlich einmal, am ersten Dienstag des Monats in der Geschäftsstelle des KBD.
  • Terminvereinbarung unter s.magister@lbk-sachsen.de

Auf immer digital – Werkdatenbank Bildende Kunst Sachsen

Sie existiert bereits seit 2019 und doch ist die „Werkdatenbank Bildende Kunst Sachsen“ (WBKS) vielen noch gar kein Begriff. Dabei wird sie seither kontinuierlich gefördert. Susanne Magister, die immer am ersten Dienstag im Monat in unseren Räumen Beratungsgespräche anbietet, bringt uns auf den allerneuesten Stand.

KBD: Die WBKS gilt als Pionierleistung, da sie bundesweit das erste Projekt war, in dem künstlerische Werkbestände von Künstler:innen und Nachlasshalter:innen selbst erfasst und gebündelt präsentiert werden können.

Susanne Magister: Richtig. Der jetzt vorliegenden WBKS liegt eine Vorläuferversion zugrunde, die angedockt an die „Künstlernachlässe Berlin/Brandenburg“ an die sächsischen Bedürfnisse angepasst war. Aus der heraus konnte dann, seit 2016, und in Kooperation mit der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB), die WBKS entwickelt werden. Eine große Fördersumme des SMWKT hat das möglich gemacht. Der Prototyp wurde 2019 vorgestellt und wird sukzessive und sachsenweit weiterentwickelt, d.h. die Verbände in Chemnitz, Dresden und Leipzig arbeiten gemeinsam daran.

KBD: Wie ist der aktuelle Stand?

SM: Mittlerweile sind insgesamt 26.000 Werke eingestellt, knapp 170 Künstler:innen sind angemeldet, online sichtbar sind davon etwas über 100.

Um die Struktur der Datenbank noch genauer zu erklären: Jede Person hat die Chance, eigene Werke in beliebiger Zahl einzustellen. Wir empfehlen immer einen Kernbestand. Im zweiten Schritt kann er/sie entscheiden, welche der Arbeiten wirklich öffentlich zugänglich sein sollen. Ein großer Mehrwert ist schließlich auch die seit 2022 Stück für Stück erfolgende Weitergabe der Werkdatensätze in Verbundnetzwerke (Deutsche Fotothek, arthistoricum.net, Deutsche Digitale Bibliothek (DDB sowie Europeana), was die Sichtbarkeit der sächsischen Kunstschaffenden weiter erhöht.

KBD: Das Wichtigste zur Werkdatenbank in Kürze: Susanne, was ist das Hauptanliegen des Projekts?

SM: Zum einen und allem voran ist sie ein Handwerkszeug für die einzelne Künstler:innen, die sich mit ihrer Eingabe eine digitale Werkdatenbank online und in beliebiger Größe sichern kann. Darüber hinaus ist damit nicht nur die Sichtbarkeit einzelner gesichert, sondern insgesamt erscheint die WBKS dann auch als ein Schaufenster für die sächsische Kunst.

Außerdem dient die WBKS auch als Recherche- und Netzwerktool für Kunstwissenschaftler, Galeristen oder Museumsmitarbeiter. Die haben die Möglichkeit mit einer sehr komplexen Verschlagwortung, sei es nach Themen, Medien, Materialien und verschiedenen anderen Kriterien zu suchen. Wir sind hier beständig dabei zu erweitern. Das ist die Ausgabeseite, die mindestens genauso wichtig ist.

KBD: Du bist 2019 eingestiegen. Inzwischen hast du schon wieviel Beratungen durchgeführt?

SM: Seit ich 2019 eingestiegen bin, gibt es dieses monatliche Angebot, sich dienstags im Künstlerbund beraten zu lassen. Darüber hinaus ist es jederzeit möglich, telefonisch nochmal nachzuhaken oder auch überhaupt telefonisch oder per Mail Dinge zu klären. Es werden schon so um die 100 Beratungsgespräche sein, die ich inzwischen geführt habe. Viel Zeit nimmt die Betreuung der Nachlässe ein, wo wir dann vor Ort auch über längere Zeit und ganz intensiv zusammenarbeiten.

KBD: Und hier müsst ihr beständig um die weitere Finanzierung bangen.

SM: Die gute Nachricht zuerst: Zum Glück ist die Langzeitarchivierung und technische Betreuung der Datenbank selbst dauerhaft über die SLUB gegeben. Es besteht also kein Anlass zur Sorge, dass die einmal hochgeladenen Daten dann nicht mehr abrufbar sind.

Was aber die für uns so wichtige Anlaufstelle für Beratungen und in bestimmten Fällen auch konkrete Unterstützungsleistungen z.B. bzgl. der Digitalisierung von Datenbeständen anbetrifft, hier ist die personelle Situation zumindest für die nächsten beiden Jahre gesichert.

Denn, obwohl bereits Tutorials entwickelt wurden und auch ein Handbuch im Entstehen begriffen ist, ersetzt das nicht die persönliche Beratung und Hilfestellung. Im ein oder anderen Fall ist das persönliche Gespräch dann doch der entscheidende Anstoß, sich zu registrieren und die eigenen Daten hochzuladen oder sich überhaupt mit dem Thema Nachlass zu beschäftigen

Sie ist allerdings abhängig von der Haushaltsplanung des Freistaates Sachsen, sodass wir hier immer wieder gegenüber den Regierungsparteien vermitteln müssen, wie wichtig digitale Instrumente und eine digitale Entsprechung für die Vermittlung von zeitgenössischer künstlerischer Arbeit ist.  Dazu gehört natürlich auch die Diskussion um die Erhaltung der physischen Werke.

KBD: Aktuell wird die WBKS noch einmal erweitert. Was steht gerade an?

SM: Der LBK ist tatsächlich sehr umtriebig, neue Fördertöpfe aufzutun. Gerade eben wird die Datenbank auf diese Weise um eine digitale Ausstellung erweitert und damit nochmal auf eine neue Ebene gehoben. Es entsteht hier eine 3D-Ausstellungsplattform, die es den Künstlern perspektivisch ermöglicht, selbst eine eigene Ausstellung zu kuratieren. Genauso können gemeinsam mit dem LBK thematische Ausstellungen generiert werden. Die erlauben es digitalen Besuchern, einen digitalen Ausstellungsraum zu betreten.

KBD: Das ist aber im Moment noch Zukunftsmusik?

SM: Das ist Zukunftsmusik, aber heiß am Entwickeln – das kommt in diesem Jahr! Hierfür konnten Mittel aus dem Förderprogramm KulturErhalt des SMWKT gewonnen werden, welches ausdrücklich zur Resilienzstärkung und Entwicklung digitaler Konzepte im Kulturbereich aufgelegt wurde.

KBD: Es entsteht also keine Doppelung, sondern wirklich etwas Neues?

SM: Ja, denn es ist wirklich eine andere Sache, ob man sich Kunst flach in der Werkdatenbank abruft oder durch einen digitalen Raum geht. Außerdem ermöglicht es Künstlern, sich niedrigschwellig eine eigene virtuelle Ausstellung zu erstellen und damit dann auch in Schließ-, Pandemie- oder anderen Ausfallszeiten zumindest online präsent zu sein.

KBD: Diese Räume werden dann auch richtig gestaltet sein?

SM: Es wird sich schon um einen vorgegebenen Show-Room handeln, der aber ähnlich wie im realen Ausstellungsraum Möglichkeiten bietet, Wandflächen farbig zu gestalten oder Stellwände einzubringen.

Eine weitere Idee dabei ist auch, die Werkdatenbank nochmal anders erfahrbar zu machen. Über die Verschlagwortung ist es möglich nach Themen wie bspw. Akt, Engel, Pleinair, digitale Gruppen-Ausstellungen umzusetzen.

KBD: Letzte Frage: Können auch Audios und Videos eingebunden werden?

SM: Leider nein, aktuell geht das noch gar nicht, aber die Programmierer:innen arbeiten derzeit daran. Hier wird noch nach Lösungen gesucht, weil es problematisch ist, Hunderte Megabyte große Dateien aufzunehmen. Auch eine Verlinkung auf andere Plattformen wie Vimeo oder YouTube ist nicht wirklich zufriedenstellend.

Interview und Foto: Christine Gruler

Kurzinfos hier

Klappe die vierte: „WILLKOMMEN! Neue Besen – Alte Hasen“

Im vierten und in diesem Jahr letzten Willkommensritual lassen drei Neu-Mitglieder ihre Themen und Formen in Dialog mit denen dreier von ihnen ausgewählter Partner treten, die schon lang dem KBD angehören. 

Anstoß zu Gespräch und Dialog bieten diesmal folgende Neu- und Bestandsmitglieder:

Jonas Engelhardt betreibt ein Spiel mit Materialien wie Asche, Ton und Epoxidharz. Motivisch streift er Geburt, Kindheit und Tod. Mit dem Cross-Over-Artist Detlef Schweiger hat er sich einen Tandem-Partner gewählt, der in amorphen Formen antwortet. Ein Tusch auf die Kontraste!

In ganz konkreter Formsprache gehen die plastischen Wandobjekte von Pietro Sabatelli, der Gipsmodule im 45-Grad-Winkel arrangiert, und Gerd Küchler, dem Konstruktiven, in eine Resonanz der Zahlen.

Das Verhältnis zwischen Mensch und Natur beschäftigt Ulrich Stolz. Der Landschaftsarchitekt und Raumstratege, hat sich für seinen Start im Künstlerbund Dresden Andreas Kempe an die Seite gestellt, der in das Archiv seines Vaters, eines Biologen und Umweltschützers zurückgreift.

Wir freuen uns also über Arbeiten der Tandem-Paare:

Jonas Engelhardt mit Detlef Schweiger
Pietro Sabatelli mit Gerd Küchler
Ulrich Stolz mit Andreas Kempe

Wir freuen uns über Ihren Besuch!

Eröffnung: 08.12.2022 | 18 Uhr;
Begrüßung: Katharina Lewonig und Jens Küster

Ausstellungsdauer:  08.12.22 – 12.01.23

Öffnungszeiten: Di und Do, 9.30 – 17 Uhr

MAG im Albertinum

Die Minimal Art Gallery (MAG), eine von Suntje Sagerer kuratierte Ausstellung en miniature, ist vom 8. bis 18. Dezember, zum Gast im Lichthof des Albertinum. Marten Schech  hat die Ausstellungsarchitektur entwickelt. Und für die Visuals in den sozialen Medien sorgt Anita Müller.

„Die Gunst der Stunde“, so der Untertitel der miniaturisierten Ausstellung in der Ausstellung, liegt in der Nutzung des Moments. Schließlich sieht Suntje Sagerer ihre Skulptur vor allem auch als eine Herausforderung (s. auch unser Interview vom 14.11.22).  In ihrer Intervention im Albertinum möchte sie, mit ihren Mitstreiter:innen, auf die Misstände im institutionalisierten und kommerzialisierten Kunstbetrieb aufmerksam machen.

Die Gunst der Stunde im Albertinum

Die hierzu von Marten Schech entwickelte modellhafte Ausstellungsarchitektur bietet auf kleinem Raum Platz für verschiedene künstlerische Positionen, deren Werke sich mit Spannungsverhältnissen zwischen Prekarität und Privileg, kommerzialisierten Strukturen und deren Subversion in- und außerhalb der Kunstwelt befassen.

Insbesondere die der MAG inhärenten Paradoxien einer unkommerziellen Kunstgalerie und eines autonomen Ausstellungsformats, das dennoch auf seine räumliche Platzierung angewiesen ist, setzen in ironischer Weise institutionenkritisches Potenzial frei. Die kuratierte Ausstellung en miniature fordert auf unterschiedlichen Ebenen dazu auf, in Zeiten von Unsicherheiten und Ungewissheiten über Kunst und Alltag als Schauplätze von Gelegenheiten zu reflektieren.

Neben Suntje Sagerer und Anita Müller ist mit Stephanie Lüning als Ausstellende ein weiteres KBD-Mitglied involviert. Die Ausstellenden hier im Überblick:

Marc Dion (US) | Suzanne Treister (UK) | Johanna Rüggen (DE) | Stephanie Lüning (DE) | Andre Wagner (DE) | Tai Shani (UK) | Anna Leonhardt (US) | Wilhelm Mundt (DE) | Melo Börner (DE) | Tobi Keck (DE) | Rosi Gibbens (UK) | Lucie Freynhagen (DE) | Andreas Ullrich (DE) | Nadja Kurz (DE) | Martin Honert (DE) | Jonas Lewek (DE) | Grit Aulitzky (DE) | Wayan Upadana (ID)

Eröffnung: 08.12.2022, 16 Uhr, Albertinum Dresden

(KBD/Christiane Schürkmann)

Banderole, Banderole

Unser Imageflyer hat jetzt auch seine Bauchbinde erhalten. Und schaut mal, Banderole, Banderole! Ob gefaltet oder in voller Länge ist sie doch ein Schmuckstück. Das Spiel mit Farbe und Form ist eröffnet. Damit es auch weiter lustig bleibt, sind wir dabei in Zusammenarbeit mit einer Dresdner Agentur eine neue Website zu erstellen. Arbeitstitel: Atelierverzeichnis. Wir geben euch damit nochmal mehr Sichtbarkeit und verhandeln dort vor allem auch die Raumfrage neu, die 2023 thematisch im Vordergrund unserer Arbeit stehen soll.

Gefährdete Kunstorte in Dresden

Suntje Sagerer hat ihr Konzept der Minimal Art Gallery (MAG) weiterentwickelt und gemeinsam mit ihrer Kollegin Lisa Maria Baier ein Projekt ins Leben gerufen, das die drängende Raumfrage sichtbar macht. Wir haben mit den beiden gesprochen.

KBD: Suntje, du hast schon 2014 ein Konzept entwickelt, bei dem du mit sehr wenig Raum auskommst. Was war damals dein Ausgangspunkt?

 Suntje Sagerer: Damals war es die Situation Künstlerin und gleichzeitig Mutter zu sein. Ich bin noch im Studium Mutter geworden und habe schnell gemerkt, dass ich nicht mehr genügend Zeit und Konzentration hatte.  Mein Kleinkind hat viel Aufmerksamkeit gefordert und trotzdem wollte ich meinen Job als Künstlerin nicht aufgeben, weitermachen. Wenn du einmal in Kunst denkst, denkst du schon beim Aufwachen darüber nach, wie du diese oder jene Idee am besten verwirklichen kannst und abends schläfst du damit auch wieder ein.

Du hast dann einen tollen Weg gefunden, als du bei deinen Eltern auf dem Dachboden stöbertest.

Suntje Sagerer: Ja, ich stieß dort auf die Puppenstuben-Utensilien meiner Kindheit und fing an, damit Szenerien aufzubauen. Ich baute mir kleine Räume aus Schachteln und begann diese Szenerien mit Puppen und Möbeln im DDR-Design zu fotografieren. In der dabei entstandenen Fotoserie Masters of Society ging es um unkonventionelle Familienbilder, also eher um das Gegenteil einer heilen Welt. Es war auch eine Art Reflexion meines eigenen Zustands. Die innere Welt intensiv nach außen zu bringen, das ist eine authentische Form von Kreation. Und darum geht es mir auch jetzt.

Zusätzlich zur Beschäftigung mit dir und deiner Situation verfolgst du inzwischen aber auch einen Ansatz, der nicht nur minimalistisch, sondern zusätzlich auch kollektiv ist.

Suntje Sagerer: Tatsächlich hat sich das schrittweise aus der Fotoserie, die ich 2013 in Shanghai zeigte, heraus so entwickelt. Mir fehlte der Kontakt zu Kollegen, ich hatte den Wunsch aus meiner Mutterrolle auszubrechen und in der Kunstwelt wieder mehr mitzuspielen. Aus meiner Sammel-Leidenschaft wurde die Minimal Art Gallery. Meine Idee war, eine Ausstellung mit echten Kunstwerken in das kleine Haus zu kuratieren, die Galerie in klein.

Indem du Kolleg:innen eingeladen hast, bei dir auszustellen, gelang es dir  am Ende, 18 Künstler:innen auf 2 m2 Raum unterzubringen. Wie hat sich das angefühlt?

Suntje Sagerer: Es war wirklich großartig, denn ich bekam genau das, was ich wollte und brauchte: Kontakt, Austausch und eine Menge Spaß! Und ich erinnere mich noch heute an alle einzelnen Positionen in dieser MAG und bin sehr dankbar für die tolle Unterstützung, für die vielen Ideen, denn das hatte ja auch einen großen integrativen Aspekt.

In diesem Jahr bist du noch einen Schritt weiter gegangen. Du hast in einem alten Camper einen „Artspace“ eingerichtet und nennst das MAG mobile. Was willst du hier neben bewegen?

Suntje Sagerer: Es geht auch darum, mit einer schwierigen Situation umzugehen und damit künstlerisch zu arbeiten. Konkret möchte ich auf die immer weniger werdenden Frei- und Kreativräume aufmerksam machen. Darauf, dass die Kunstwelt immer elitärer wird und dass, wer nicht aus wohlhabendem Elternhaus oder aus einer renommierten Künstlerfamilie stammt, kaum Chancen hat die gefragten überdimensionalen Werke zu schaffen.

Freiräume für Kunst zu erhalten, daraus ist jetzt ein Projekt in Kooperation mit Lisa Maria Baier entstanden. Wie seid ihr hier zusammengekommen?

Lisa Maria Baier: Wir sind Freundinnen und Kolleginnen. Suntje fragte mich, ob ich nicht ein Projekt in ihrem Bus machen wolle. Daraufhin habe ich ein Konzept entwickelt auf der Basis „Sleeping in my car- what if there is no room“.

Also, was machen, wenn ich am Ende im Auto schlafen muss, wenn ich mir alles andere nicht mehr leisten kann?

Lisa Maria Baier: Ja, tatsächlich ist es ja so, dass binnen kürzester Zeit jeder bezahlbare Projekt- und Freiraum besetzt und vermietet wird. Die Orte leisten damit immer einen großen Beitrag für das soziokulturelle Leben in Dresden. Doch dieses Engagement wird selten nachhaltig geschützt oder gefördert. Die Tendenz der Stadt Dresden kreative Freiräume und bezahlbare Ateliers, Proberäume und Werkstätten zu halten, sinkt deutlich. Gleichzeitig zeigt aber der Wille und die Bereitschaft vieler Menschen, solche Orte lebendig zu halten, dass es noch immer möglich ist, unkommerziell einen Freiraum ganz nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.

Du hast jetzt bereits einige Protagnisten der Freien Szene ins MAG mobile geladen und mit ihnen gesprochen.

 Lisa Maria Baier: Genau, ich habe bspw. Christiane Mennicke-Schwarz vom Kunsthaus in den Bus geladen, die Bildenden Künstlerinnen Claudia Kleiner und Sara Hoppe. Kamera, Schnitt, Ton, das sind außerdem meine Jobs.

 Was erhofft ihr euch von eurem Projekt?

 Wir wollen die Situation Kulturschaffender in Subkulturbereichen sichtbar machen. Wir wünschen uns Vernetzung. Und am Ende steht der große Wunsch nach subventionierten Kreativräumen im Stadtinnern.

Abschließend: Wo müssten die Stellschrauben gestellt werden, damit endlich was anders wird?

Lisa Maria Baier: Arbeitsräume müssen dringend auch durch Subventionen, durch öffentliche Gelder mitfinanziert werden. Um bestehende Kreativräume bezahlbar zu erhalten, müssten auch Gelder von der Hochkultur auf die Subkultur umverteilt werden. Deshalb ist unser Ziel auch, den mit Hilfe weiterer Interviews entstehenden Film zum Thema „Gefährdete Kunstorte in Dresden“ am Ende vor dem Rathaus, verbunden mit einer Kundgebung, zu zeigen. Wir wollen Herrn Hilbert an seine Versprechen erinnern.

Interview: Christine Gruler

Über diesen Link geht es zum Video von Lisa Maria Baier 

Aufruf: Jüdische Geschäfte in Dresden

Lisa Maria Baier, Neu-Mitglied im KBD seit diesem Frühjahr, und vielen schon bekannt durch die Medienberichterstattung über ihre politische Aktion in Görlitz, ruft euch um Hilfe für ihr neues Projekt:  „Geschäft gesucht“.

In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Gedenkbuch, der in Dresden die Namen von 7100 jüdischen NS-Opfern in Dresden erfassen konnte, hat Lisa Maria Baier bereits die Geschäftsstellen von über 70 jüdischen Unternehmer:innen ausfindig gemacht.

Es sei schwierig, erzählt sie, an diese Informationen zu gelangen, weil keine öffentliche Kartei der über die SA gelisteten jüdischen Geschäfte existiere. Anhand damaliger Zeitungsanzeigen konnte sie dennoch bereits ein Archiv aus alten Werbeplakaten der Jahre zwischen 1920 und 1938 erstellen, das auch die Namen der jüdischen Gewerbetreibenden sowie die Anschrift der Geschäfte enthält.

Weitere Beweise für erfolgreiches jüdisches Unternehmertun gesucht

Jetzt sucht sie weiter nach Beweisen für das erfolgreiche Unternehmer:innenleben der jüdischen Bevölkerung in Dresden. „Zusammen mit meinem Künstlerkollegen Christian Silvester Seemann haben wir Aufsteller gebaut,“ erklärt Baier,  „welche die Plakate als ‚Kundenstopper‘ zeigen. Unter der Überschrift: „Geschäft gesucht“.

Die Schilder waren am 9.11.2022 schon auf der Weißen Gasse, Ecke Wilsdruffer Strasse, im Öffentlichen Raum zu sehen und in Kooperation mit dem „Gang des Gedenkens“ auch vor dem Kulturpalast.

Als Anliegen formuliert Lisa Maria Baier: „Die Frage, wo die Geschäfte sind, soll die Vergangenheit in die Gegenwart rücken und Passant*innen dazu bringen, selbst Sensibilität und Neugier zu entwickeln, für das Archiv und dessen Erweiterung.“

Unter folgendem Link ist eine von ihr erstellte Karte einsehbar, die für Erweiterungen und Veränderungen offen ist:

https://www.google.com/maps/d/edit?mid=1Zgs3BWY3B1WlIPEA-1SkV97lakoKo98&ll=51.049778554267405%2C13.712542999999986&z=13

Und genau hier seid Ihr auch gefragt: Lisa Maria Baier ist für jede weitere Information,  jede Geschichte, jede Erinnerung und jeden Hinweis offen.